Dienstag, 31. Januar 2017

Ein Missverständnis? Thomas Tuchel im Schraubstock der BVB-Erwartungen!

 

Schon ein flüchtiger Blick auf die martialisch wirkende Südtribüne der BVB-Heimstatt genügt, um zu erkennen, dass Borussia Dortmund von Emotionen bis zur Selbstaufgabe lebt. Sie werden auf den Rasen getragen und von dort zurück zu Menschen, die totale Identifikation mit diesem Traditionsklub vorleben, ihr oft schmales finanzielles Budget für ihre Idole opfern. Jürgen Klopp war auch dadurch erfolgreich, dass er ihre Sprache kannte, ihre Emotionen ohne Verstellungsrhetorik erwiderte. Sein Nachfolger leidet nicht nur unter diesem schweren Erbe sondern vertieft die deutlich sichtbaren Barrieren leichtfertig wie unflexibel. Schon daran wird Tuchel so sicher scheitern wie ein Signal Iduna Park ausverkauft ist, wenn es gegen Herne-West geht. Der Trainer braucht aberdringlichst Erfolge, um die erwähnten stetig breiter werdenden Risse einigermaßen zu kitten.  Aber genau die stehen seit Monaten in Frage. Dabei ist Tuchel Opfer, aber auch Täter zugleich…

Transferpolitik

Der BVB mit seiner konsequent weitsichtigen Transferpolitik in entwicklungsfähige Talente mit bereits beachtlicher Reputation ihrer Klasse stößt fast einhellig auf Lob. Internationale Echotöne stufen den BVB bereits futuristisch als Kandidaten für den Gipfel der Königsklasse ein. Nur hat diese Einschätzung mehrere Haken, begibt man sich einmal in die Tuchel-Perspektive. Wie beim kürzlichen Isak-Transfer scheint der Trainer in die Personalplanung zu wenig eingebunden, übrigens nicht das einzige Beispiel…

Zum anderen gefährdet der Boygroup-Ansatz der Borussen die Einlösung einer hohen Erwartungshaltung. Tuchel hat keine Zeit, in einem nicht ausbalancierten Kader, der fahrlässig zu wenig Routine und vor allem Klasse in der Defensive aufweist, längerfristige Entwicklungsarbeit zu leisten.

Trainer-Persönlichkeit

Tuchelsche Distanz mag diskutabel sein, nicht aber emotionalisierte öffentliche Prügel auf die eigene Mannschaft wie in Frankfurt. Zumal gerade bei dieser Niederlage zu sehen war, dass Tuchel ein Händchen bei der mittlerweile fast überall überstrapazierten Rotationspraxis fehlt. Aber das ist längst nicht alles. Naiver Jugendstil beherrscht noch immer das Spiel des BVB, das begeistern kann, aber so anfällig ist wie eine Schönwetterlage hoch im Norden. Die Begegnung in Mainz lieferte über weite Strecken einen Beleg dafür. Viel zu leicht verlassen die Jungspunde eine vorgegebene Taktik, ignorieren lebensnotwendiges Handwerk in der Defensivarbeit. Hier sind Trainerimpulse fruchtlos oder werden ignoriert.

Es ist wie das Spiel der Borussen: Vieles ist möglich in den nächsten Monaten im Zusammenspiel mit Thomas Tuchel. Aber es sieht verdächtig nach Fehlpässen aus…