Dienstag, 19. Dezember 2017

Hinrunden-Bilanz der Bundesliga: Viel sportlicher Nachholbedarf

Max Eberl machte den Dicken und schimpfte lautstark wie emotional nach dem HSV-Spiel über die zu kritischen eigenen Fans. Er möge in der Winterpause lieber seine Hausaufgaben machen und endlich, endlich einen Stürmer finden, der dem mitunter passablen Gladbacher Kombinationsspiel Tiefe und mehr Torgefährlichkeit verleiht. Reden wir lieber nicht von einem Plan B gegen massiv verteidigende Gegner, die es viel geschickter als der biedere HSV praktizieren.

Sportliche Tristesse

Tatsächlich boomt der Evergreen Bundesliga in etlichen Bereichen, nur leider nicht im essentiell wichtigen Sportlichen. Die internationalen Wettbewerbe brachten erneut die Wahrheiten, die man auch bei den Eberls nicht so gerne hört, an den Tag. Schon der Zweite in der Tabelle hinter dem Abonnements-Meister Bayern München ist international zweitklassig und die vormalige Creme de la Creme der Platzierten auf den vorderen Rängen blamiert sich munter wie respektlos vor der beeindruckenden deutschen Klub-Vergangenheit in der Europa League gegen internationale Zwerge. Vorsicht vor Vereinen aus Luxemburg, müsste man denen mit Zynismus entgegentreten, die ihre mühsam erkämpfte internationale Teilnahme zu einem Casting ihrer Kicker aus der zweiten Reihe verkommen lassen.

Spannung in der Rückrunde

Ungeachtet dessen verspricht der Kampf hinter den Bayern, die auch unter Heynckes selten spielerisch überzeugen konnten, ein spannender zu werden. Noch erfreulicher, dass sich die ehemaligen Altvorderen aus Leverkusen und vor allem Schalke aufrappeln, zu alter Stärke zurückzufinden. Und wenn der BVB dann unter Peter Stöger in diesem Sinne wieder wettbewerbsfähig wird, sollte die Liga in den nächsten Monaten nicht nur Spannung sondern auch taktische und offensive Qualitäten da entfalten, wo viel zu oft der Quer- und Rückpass spielerische Defizite und Unfähigkeit zum Tempodribbling kaschieren möchte.

Der Geißbock und die Fortuna

Mit dem 1. FC Köln könnte es einen weiteren Traditionsverein endgültig in der Rückrunde erwischen. Zur Rettung bräuchten die Domstädter die heftige Zuneigung der Glücksgöttin, aber die scheint in die Hanseaten unsterblich verliebt. Und wer küsst als Fortuna schon Geißböcke…

Es ist zu wünschen, dass sich der SC Freiburg retten kann. Denn der labert nicht nur von sportlicher Bodenhaftung, Nachwuchsförderung und Trainer-Loyalität. Es gibt leider zu viele Vereine, die dem Land des Weltmeisters mit der Manie, immer zu und immer zu zweitklassige Legionäre zu transferieren, wahrhaft keinen Gefallen tun. Entsprechend steigt leider die Zahl der grauen Mäuse in der Bundesliga, die sportlichen Weitblick vermissen lassen, nur Verbalbekenntnisse zur Förderung deutscher Talente ohne praktische Vollzüge in Raum und Zeit stehen lassen.

Leider Schiri-statt Spielerkritik

Ein letzter kritischer Hinweis ohne manch branchenübliche Schönrednerei. In den Medien und dem Fußball-Talk, der förmlich aus dem Boden sprießt, wird trotz etlicher berechtigter Kritik an der Spielleitung und dem Videobeweis viel zu viel Zeit dafür aufgewendet, strittige bzw. fehlerhafte Schiri-Entscheidungen im wahrsten Sinne der Formulierung aufzuarbeiten. Wie wäre es, diese Zeitressourcen mit einer gehaltvolleren Spiel(er)-Analyse zu füllen? Wie die Hinrunde dokumentiert, passieren hier weit mehr Fehler und Unzulänglichkeiten…